‚Ich bin Philippus.’
Unter diesem Betreff ging am 21. September 2020 folgende E-Mail im Büro des Philippus-Instituts ein.
Liebe Schwestern und Brüder,
ihr habt mich ja nicht gefragt, als ihr nach einem Namen für Eurer Institut suchtet. Trotzdem möchte ich Euch heute am Beginn der Arbeit Eures Philippus-Instituts herzlich grüßen und dabei nicht verhehlen, dass ich auch ein bisschen stolz bin, dass ihr meinen Namen ausgewählt habt.
Ich bin also der Philippus, von dem ihr oft sprecht. Philippus, der Diakon, und Philippus, der Evangelist. Kurioserweise bin ich unter dem Titel Diakon bekannter als unter dem Titel Evangelist, obwohl ich die Bezeichnung Diakon ursprünglich gar nicht verwendet habe. Es kam so, dass sie in Jerusalem damals ein paar Leute suchten, die sich um die Armenfürsorge kümmerten. Und so habe ich mich dazu berufen und einsegnen lassen, gemeinsam mit Stephanus und anderen.
Die Sache mit dem Evangelisten kam später hinzu, als ich notgedrungen Jerusalem verlassen musste und erst in Samarien und später im Küstengebiet missionarisch unterwegs war. In dieser Zeit bekam ich den Titel des Evangelisten. Ich weiß gar nicht mehr genau, wer das zuerst eingeführt hat. Lukas hat es aber dann in seiner Apostelgeschichte aufgeschrieben. Bei der Gelegenheit muss ich übrigens erwähnen, dass ich selbst kein Apostel und auch kein Mitglied des Zwölferkreises um Jesus herum war. Das ist ein anderer Philippus, es wird gern verwechselt. Allerdings kenne ich natürlich einige Apostel persönlich, wie z. B. Paulus.
Zurück zum Begriff des Diakons. Auf den Titel selbst lege ich nicht so viel wert, vielmehr auf die Haltung des Dienens, die er meint. Und so gesehen besteht auch zwischen dem Diakon und dem Evangelist kein großer Unterschied. Mit Wort und Tat diene ich dem Evangelium Jesu Christi. Manchmal denke ich sogar, man könnte beide Begriffe austauschen.
Bei Euch ist wohl so, dass ihr neben dem Begriff des Diakons den der Gemeindepädagogin habt, beide natürlich in männlicher und weiblicher Form. Ach ja, die vielen Amtsbegriffe. Diakonin, Gemeindepädagoge … Mir fällt es manchmal ein bisschen schwer, die Begriffe klar auseinanderzuhalten. Aber vielleicht ist das sogar gut. Denn Bildung und Diakonie gehören ja wohl eng zusammen. Es gab sogar mal einen Punkt, da habe ich mich als Diakon und Evangelist fast ein bisschen wie ein Gemeindepädagoge gefühlt. Das war die Geschichte mit dem Kämmerer. Manchmal ärgert es mich aber auch ein bisschen, dass ich oft nur darauf reduziert werde.
Ihr merkt, ich bin ein bisschen hin und her gerissen, was ich eigentlich am liebsten sein möchte: Diakon, Evangelist, Gemeindepädagoge. Sagen wir: ich bin eben Philippus, der immer wieder das Verbindende in den drei Begriffen sucht.
Übrigens: ich bin verheiratet und habe vier Töchter. Das wissen nicht viele, aber auch das hat Lukas für die Nachwelt festgehalten.
Wer so vielseitig ist wie ich, wird gern auch missverstanden oder einseitig interpretiert. Bei mir war es sogar so, dass spätere Generationen meinten, in meinem Namen gewisse Philippus-Akten zu verfassen. Die Montanisten, Gnostiker oder Markioniten haben sich teils auf mich berufen. Wenn ihr wissen wollt, wer das ist, empfehle ich Google, nicht Instagram. Wie auch immer: Missverständnisse gehören zu Bildungsprozessen. Hauptsache, man spricht dann drüber. Gottes Segen für Eure Arbeit.
Euer Philippus
Diakon, Evangelist und …